Die große Lust am Baden – Strandbäder mit langer Tradition

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich eine luxuriöse
Strandkultur. Einige der mondänen See bäder existieren auch heute noch.

Das Wandlitzer Strandbad ist ein typisches Beispiel ür die Badekultur, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund um Berlin aukam. Wenn schönes Wetter war, packten die Berliner Picknickkorb und Badesachen, stiegen in die Bahn und fuhren ins Umland. Raus ins Grüne, raus ans Wasser, hieß die Devise – lange bevor Conny Froboess 1951 ihren Song „Pack die Badehose ein“ trällerte. In alle Himmelsrichtungen schwärmten die Großstädter aus. Überall dorthin, wo es reizvolle Gewässer und gute Bahnanbindungen gab. Zusammen mit der Wiederentdeckung des Körpers entstand eine neue Infrastruktur. Wo Hunderte von Menschen die Ufer bevölkerten, waren Umkleidekabinen, Toiletten, Sonnenschirme, Liegestühle oder Strandkörbe gefragt. Dazu Erfrischungsgetränke, Ka™ffee, Kuchen
und herzhaftše Speisen. All das boten die See- und Strandbäder, die rund um Berlin wie Pilze aus dem Boden schossen – vom Jahnbad in Neuruppin über die Badeanstalt an der Reuterpromenade von Rheinsberg bis hin zum Freibad Strausberg.

Casino am Rangsdorfer See

Besonders elegant ging es in Rangsdorf zu, das als „Lido von Berlin“ Berühmtheit erlangte. 1903 entstand ein einfaches Badehaus, 1930 wurde es durch das Strand-Casino, einer großen Glashalle, ersetzt. Mehr als 100.000 Gäste strömten vom Bahnhof über die Seebadallee zum Rangsdorfer See. Noch mondäner ging es in Bad Saarow am Scharmützelsee zu. Nachdem hier 1914 ein Moorbad erö™net hatte, blühte die Siedlung in den 1920er Jahren zum Kurort auf. Betuchte Industrielle, Stars der Stummfilmzeit, aber auch Intellektuelle wie Maxim Gorki erholten sich am „märkischen Meer“, bis der Zweite Weltkrieg dem Badevergnügen ein drastisches Ende bereitete.

Das Strandbad am Wandlitzsee entstand 1923, als die Großstädter das Gewässer im Nordosten entdeckten. Die einen ließen sich in mondänen Seevillen nieder, die anderen in der Landhauskolonie „Zu den drei Pühlen“. Bald gesellten sich immer mehr Tagesausflügler dazu. Voraussetzung war die 1901 eingeweihte Eisenbahnlinie Berlin-Groß Schönebeck, im Volksmund „Heidekrautbahn“ genannt. Nachdem es im neu gegründeten Ortsteil Wandlitzsee erst nur einen Haltepunkt gab, wurde 1927 ein richtiger Bahnhof gebaut.

Bauhaus-Architektur in Wandlitz

Bei näherem Hinsehen entpuppt dieser sich als eine kleine Ikone der Bauhaus-Architektur. Wie das Strandbad wurde er von Wilhelm Wagner im Stil der Neuen Sachlichkeit entworfen. Kennzeichen ist unter anderem die verklinkerte Fassade. Wer hier ankommt, kann sich erst mal im Café stärken. Dann geht es über den Bahnhofsvorplatz direkt in das gegenüberliegende Strandbad. Bei schönem Wetter tobt zwischen Liegewiese, Sprungturm, Beachvolleyballfeld und Bootsverleih das Leben. Wie vor knapp 100 Jahren.