Prost Brandenburg!

2016 wird der Sommer des Bieres. Die Brauer feiern 500 Jahre Reinheitsgebot. Auch in Brandenburg. Dort wächst die Zahl der kleinen Brauereien. Und auch deren Absatz.

Brandenburger Bier ist nicht ganz einfach zu bProst_brandenburgekommen. Denn überall im Land leuchtet über den Gasthöfen meist die Werbung der großen Bierkonzerne aus Westfalen, München oder aus dem benachbarten Berlin. Zum Glück aber gibt es inzwischen rund zwanzig kleine und mittelgroße Brauereien im Land, die meisten mit einem angeschlossenen Wirtshaus, wo Brandenburger Bier vor Ort verkostet werden kann. Vor allem jüngere Braumeister engagieren sich, sie wollen mit Produkten aus der Region wieder lokale Biere produzieren. So wie Jörg Kirchhoff und Thomas Köhler, die seit 2007 in ihrer Braumanufaktur am Rand der Landeshauptstadt arbeiten. Aus biologisch angebauter Brandenburger Gerste, feinem Bioland-Hopfen aus der Hallertau und Wasser aus eigener Quelle produzieren sie Brandenburgs einziges Bio-Bier, und zwar nach strengen Naturland-Richtlinien. Man kennt das Bier aus dem Supermarkt. Dort stehen die altmodischen Bügelflaschen mit schlichten Etiketten: „Potsdamer Stange“, „Helles“, „Hefeweizen“.

Die beiden Brauer hatten sich 1987 im VEB Getränkekombinat kennengelernt, wo sie ihre Ausbildung machten. „Eigentlich wollte ich Tischler werden“, sagt Jörg Kirchhoff, „aber in der Branche waren damals Lehrstellen rar wie Goldstaub.“ Bei einem Tag der offenen Tür besichtigte er die große Brauerei und fand, dass der Beruf des Brauers gute Perspektiven bieten würde. Doch wie sich zeigte, war das hochtechnisierte und industrielle Bierproduzieren auf Dauer „nicht das Ding“ der beiden Jungbrauer. Nach dem Fall der Mauer nutzten Kirchhoff und Köhler die Gelegenheit und studierten an der Brauereifachschule der TU Berlin. Die lang gehegte Idee, ihr eigenes Potsdamer Bier zu fabrizieren, konnten die beiden Jungbrauer dann ab dem Jahr 2007 umsetzen, nachdem sie die alte Ausflugsgaststätte Forsthaus Templin übernommen hatten.

„Wir sind Überzeugungstäter aus Leidenschaft“, betont Kirchhoff. „Wir kennen die Biobauern, die Gerste und Hopfen anpflanzen, wir verwenden Bügelflaschen und packen sie wie früher in Holzkisten.“ Bei einer Besichtigung der Brauerei kann man es dann auch selbst sehen: Die Manufaktur im Namen steht tatsächlich für viel Handarbeit. Der Großteil der Produktion geht direkt über den Tresen des Ausflugslokals. prost_brandenburg2Im Angebot des Biergartens ist seit Kurzem auch eine obergärige, leicht säuerliche Potsdamer Weiße. Kirchhoff und Köhler wollen damit an die alte Tradition der Weißbierstuben anknüpfen, die es überall in Preußen gab, bevor das bayrische Helle und das böhmische Pilsener ihren Siegeszug antraten.

Auch Friedrich der Große war ein überzeugter Freund des Weißbieres und gelernter Braumeister. Sein Vater verlangte von seinem Sprössling eine klassische Ausbildung. Die absolvierte er im Gefängnis in Küstrin, in das ihn sein Vater als Strafe steckte. Auch wenn Friedrich II. wenig Gebrauch vom erlernten Beruf machte, förderte er doch die Produktion und Verbreitung des Getränks. An Gerstensaft sollte es in seinem Land nicht mangeln. „Unsere Väter kannten nur Bier, und das ist das Getränk, das für unser Klima passt“, sagte er. Kaffee war dem Preußenkönig hingegen ein Dorn im Auge und mit hoher Steuer belegt. Seine Untertanen sollten sich lieber morgens ein Bier genehmigen.

Eckhard Brennecke hofft auf einen bewussteren Umgang mit dem Getränk. Der Wriezener ist kein gelernter Braumeister wie so manche der neuen Kleinbrauer im Lande. Der Autodidakt produziert das „Wriezener Kalkofenbier“, das nur am Hafen des kleinen Städtchens im Oderbruch ausgeschenkt wird. Vor allem Kanu- und Kajakfahrer zählen zu den Gästen seines Hafengrills, Brennecke betreibt hier im Sommer einen Kanuverleih. Wegen der Wasserstraßen am Oderbruch war Wriezen einst ein Handelszentrum des rasant wachsenden Preußenreiches. Die Wriezener Kalkbrennerei aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gilt als eine der am besten erhaltenen historischen Industrieanlagen Brandenburgs. Den hohen, liebevoll sanierten Ofentürmen verdankt das Bier auch seinen eher ungewöhnlichen Namen.

Brennecke beschäftigte sich schon vorher mit Gastronomie, seine Firma installiert Schankanlagen und Brautechnik. Mithilfe eines Freundes lernte er das Bierbrauen für den Eigenbedarf. „Aber dann hatte ich aus Berufsgründen wenig Zeit, irgendwie ist das dann eingeschlafen“, erzählt Brennecke. Aus dem fast vergessenen Hobby wurde ab 2004 ein Nebenerwerb. „Es passierte eher zufällig: Als wir den Hafengrill übernommen haben, habe ich beim Umzug hinten in der Ecke noch einen Kasten Bier gefunden, den ich drei Jahre zuvor abgefüllt hatte. Ich habe probiert – und das Bier war noch richtig gut“, erzählt Brennecke. Also beschloss er, eine 50-Liter-Anlage zu installieren: „Diese Menge wurde aber an einem heißen Sommertag schon mal weggetrunken.“ Bereits nach einem Jahr musste Brennecke seine Kapazitäten erweitern. Mittlerweile entsteht das Wriezener Bier in einer viermal so großen Brauanlage. Mit dem Brauen für die Saison beginnt der einstige Hobbybrauer bereits im Spätwinter, denn die Nachfrage ist groß. Heute gibt Brennecke auf Nachfrage auch Braukurse und vermittelt so Neueinsteigern sein erarbeitetes Bierwissen. Auch die professionellen Kollegen in Potsdam, Jörg Kirchhoff und Thomas Köhler, verraten einen Teil ihrer Geheimnisse in Brau-Seminaren, in denen die Teilnehmer auch Grundsätzliches über die Rohstoffe, das Mälzen oder die Gärung lernen können.

Ausflugstipps:

Ein Brauseminar in der Braumanufaktur Potsdam – das ist ein Erlebnisevent mit Spaßgarantie! Brauen Sie ihr eigenes Bier unter fachkundiger Anleitung. Sie erhalten kompetente Ratschläge zum Selberbrauen, damit Sie nach dem Seminar auch zu Hause ihr eigenes Bier genießen können. Zusätzlich erhalten Sie ein Seminarskript und eine Urkunde. Termine und weitere Infos finden Sie unter: www.braumanufaktur.de

Lernen Sie bei einer Brauereiführung mit dem Braumeister das Reich der Spreewälder Privatbrauerei 1788 kennen. In der Brauerei gibt es Spreewälder Pils, Spreewälder Dunkel, Zwickel und Hefeweizen handgebraut und natürlich ohne Konservierung. Besonderen Genuss bieten außerdem die saisonal gebrauten Biere, wie zum Beispiel der Maibock oder das Oktoberbier – das ist Biergenuss in Perfektion. Zur Verkostung gibt es Schmalzbrote und Gurken. Termine und Preise finden Sie unter: www.seinerzeit.de