Milch direkt vom Bauern

milk-cans-1659157_1920*** ALLE MILCHTANKSTELLEN UND FRISCHMILCH-PRODUZENTEN IN BERLIN UND BRANDENBURG FINDEN SIE HIER ***

Es ist noch keine zwei Generationen her, da lief das Familienoberhaupt mit der Milchkanne in der Hand zum Bauern um die Ecke. Dort wurde der Behälter aus Blech mit frischer Milch gefüllt. Die Milch war weder erhitzt noch gefiltert. Und Ärzte rieten, Kindern keine pasteurisierte Milch zu geben, sondern empfahlen unbehandelte Milch.

In der Zwischenzeit hat sich eine Reihe von Verfahren etabliert, mit der Milch haltbarer gemacht werden kann. Diese Verfahren, Pasteurisierung und Homogenisierung, also Erhitzung und Filterung, machen außerdem krankmachende Erreger unschädlich.

Aber auch Rohmilch und Frischmilch, die nicht erhitzt wurden, können gefahrlos getrunken und verarbeitet werden, wenn die hygienischen Bedingungen stimmen. Milchtankstellen und Automaten erfreuen sich großer Beliebtheit. Über die vergangenen Jahre stellten die Behörden in Brandenburg fest, dass die hygienischen Bedingungen gut seien.

Das ist eine gute Nachricht für die steigende Anzahl an Menschen, die wieder auf unbehandelte Milch umschwenken, sei es wegen des Geschmacks, weil sie ein naturbelassenes Produkt bevorzugen oder weil sie diese für gesünder halten.

Einer der wenigen Betriebe, die in Brandenburg rohe Milch verkaufen, findet sich in der Gemeinde Höhenland zwischen Werneuchen und Bad Freienwalde. Die Landwirtinnen Regina Helbig und Nicole Winkelmann haben dort im März 2016 eine Milchtankstelle eingerichtet, einen sich selbst reinigenden Automaten, aus dem sich die frische Milch zapfen lässt. Rund 20.000 Euro hat die Zapfanlage gekostet. Den Liter Milch verkaufen sie für einen Euro. „Uns war es wichtig, dem Verbraucher direkt Hofmilch verkaufen zu können“, sagt Winkelmann. Regionale Produkte seien immer gefragter. Vor der Zulassbrown-and-white-cow-779425_1920ung zur direkten Milchvermarktung prüfen die zuständigen Behörden Qualität und Gesundheit des Tierbestandes. Dazu gehören auch die Fütterung, Stallung und das Melken. Auch nach der Zulassung unterliegen Rohmilchbauern einer stärkeren Kontrolle. Und trotz dieses Aufwandessollte die Milch abgekocht werden – zumindest ist dieser Hinweis am Automaten von behördlicher Seite vorgeschrieben.

Rohmilch oder Vorzugsmilch?

Neben der Rohmilch gibt es auf dem Markt noch sogenannte Vorzuganhang-6_300coasmilch. Sie ist ebenfalls naturbelassen, wird allerdings ein weiteres Mal vom Veterinäramt geprüft. Daher darf Vorzugsmilch verpackt über den Handel vertrieben werden. Jedoch haben nur wenige Supermärkte, meist Reformhäuser und Bioläden, Vorzugsmilch im Regal. Das Problem ist die Haltbarkeit. Ihr Verbrauchsdatum
darf nicht länger als 96 Stunden nach dem Melken liegen. Innerhalb von drei Tagen muss sie von der Weide zum Verbraucher gelangt sein und verzehrt werden. Logistisch ein schwieriges Unterfangen.

Wofür also der Aufwand? Welche Gründe gibt es, Rohmilch direkt beim Bauern oder Vorzugsmilch im Bioladen zu kaufen? Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, ist ein bekennender Fan von roher Milch. Und das nicht nur wegen des Geschmacks. Studien haben sich mit dem sogenannten Bauernhof-Effekt beschäftigt: Kinder, die auf einem Bauernhof groß werden, leiden seltener an Allergien und Asthma. Eine der möglichen Ursachen: Sie trinken rohe Milch. An der „Parsifal“- Studie, die diesen Zusammenhang aufzeigte, nahmen 14.000 Kinder zwischen 5 und 13 Jahren teil. 30 bis 40 Prozent weniger erkrankten an Heuschnupfen und Asthma, wenn sie vor dem ersten Geburtstag Milch direkt vom Bauernhof tranken. Und dies sogar unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt groß wurden.

Gut für das Immunsystem

Eine mögliche Erklärung für diesen Schutzeffekt ist die höhere Belastung von Rohmilch mit Mikroorganismen – das Immunsystem härtet ab. Jedoch ist bislang die klinische Bedeutung unklar und wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Da gerade Kleinkinder zur EHEC-Risikogruppe gehören, überwiegen laut Bundesamt für Risikobewertung die Gefahren. Noch müsse der genaue Zusammenhang erforscht werden. Vermutet wird auch, dass Fettmoleküle eine Rolle spielen, die durch die Erhitzung und Homogenisierung kaputtgehen. Ursula Hudson von Slow Food hofft daher auf ein Umdenken. Anstatt Milch immer weiter industriell zu verändern und haltbarer zu machen, wie im Fall der seit 2003 vertriebenen ESL-Milch, sollten bessere Testverfahren für rohe Milch eingeführt werden. Slow Food fordert zudem, dass Milch automaten auch außerhalb von Bauernhöfen aufgestellt werden dürfen. Wobei ja gerade der Besuch des Hofes um die Ecke eine gute Möglichkeit bietet, das Vertrauen zwischen Verbrauchern und Bauern zu stärken.

 

Hier finden Sie alle Verkaufsstellen von frischer Milch direkt vom Bauern in Brandenburg und Berlin.

Milchglossar

Rohmilch: Darf nur direkt am Hof verkauft werden und sollte vor dem Verzehr abgekocht werden. Dadurch verliert sie etwa zehn Prozent ihrer Vitamine. Schmeckt aufgrund des höheren Fettgehaltes intensiver und gilt als gesünder.

Vorzugsmilch: Vorzugsmilch wird sofort nach dem Melken gefiltert und auf 4 Grad gekühlt, alle Inhaltsstoffe der Milch – wie Vitamine, Spurenelemente und Mineralien – bleiben so erhalten. Sie darf in Läden verkauft werden, ist aber nur 96 Stunden haltbar.

Frischmilch: Frischmilch wird für bis zu 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad erhitzt, was Pasteurisierung genannt wird. Dadurch sterben die krank machenden Keime. Sie ist etwa zehn Tage haltbar. Rein pasteurisierte Milch ist nur noch in wenigen Supermärkten erhältlich.

ESL-Milch: „ESL” steht für „Extended Shelf Life“. Diese Milch ist länger, maximal 21 Tage, haltbar, weshalb sie zunehmend die echte Frischmilch verdrängt. Sie wird für kurze Zeit auf 120 Grad erhitzt. Der Rahm wird getrennt behandelt und anschließend wieder hinzugefügt.

H-Milch: Haltbarmilch wird zusätzlich ultrahocherhitzt, also einige Sekunden auf über 135 Grad erhitzt. Die Ultrahocherhitzung verändert den Geschmack, zerstört aber fast alle Keime, weshalb sie auch ungekühlt monatelang haltbar ist.