Lernen mit Genuss auf dem Land – vorläufige Bilanz der 24. Brandenburger Landpartie
Datum: 10. Juni 2018
Schönwalde-Glien – „Das hier ist lebendige Landwirtschaft“, zeigte sich Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger nach dem Rundgang über den Biohof zum Mühlenberg in Trechwitz sichtlich beeindruckt. Timo Wessels betreibt im Landkreis Potsdam-Mittelmark nicht nur einen modernen Reiterhof, sondern ist mit mehr als 500 Milchkühen auch einer der größten Biomilch-Erzeuger Deutschlands. Auf seinem Hof wurde am Sonnabend die 24. Brandenburger Landpartie offiziell eröffnet. In ganz Brandenburg waren an dem Wochenende mehr als 240 ländliche Betriebe und Einrichtungen für Besucher geöffnet.
Die Landpartie soll Städter aufs Land locken, um ihnen die moderne Landwirtschaft zu zeigen. „Die Zahl der Besucher zeigt, dass das Konzept funktioniert“, freut sich Hanka Mittelstädt, die Vorstandsvorsitzende des Verbandes pro agro, bei der Eröffnung in Trechwitz. Auf der großen Anlage sind schon am Samstagvormittag viele Familien unterwegs. Kinder bekommen große Augen bei den vielen Ponys und Pferden, manche Erwachsene noch größere, als sie mit einem echten Bagger im Sand buddeln dürfen. Gemeinsam geraten sie ins Staunen, als eine Mitarbeiterin sie durch die Milchviehanlage führt. Obwohl es dort mehr als 500 Kühe gibt, trägt jede ihren eigenen Namen – als Zeichen der Wertschätzung. Sie geben nicht nur Milch, sondern heizen auch umweltfreundlich die Wohnungen in der Nachbarschaft, denn ihr Dung wird in der Biogasanlage verwertet.
Hendrik Wendorff, der Präsident des Brandenburger Bauernverbandes, lobt das Engagement der Bauern, die ihre Höfe öffnen und sich geduldig den Fragen der Besucher stellen. Und Fragen gibt es viele – von der Subventionspolitik über die Wölfe bis zum Bienensterben. Im Havelland lud der Kreisbauernverband am Sonntag erstmals zu einer Radtour ein, um vor Ort über aktuelle Themen der Landwirtschaft zu informieren. Zahlreiche Radfahrer nutzten einzeln oder in der Gruppe das Angebot. Eine der Stationen ist der Havellandhof in Ribbeck, der Blühstreifen an den Feldrändern angelegt hat. Sie sollen Insekten und Vögeln Schutz sowie Nahrung bieten. Eines von vielen Beispielen, wie moderne Landwirtschaft und Naturschutz heute Hand in Hand gehen.
Die Weidelandfarm in Rieben gehört zu den Neulingen bei der Landpartie. Ralf Engelhardt kutschiert seine Besucher zu den riesigen Weiden im Naturpark Nuthe-Nieplitz. Er ist zufrieden: „Am ersten Tag kamen rund 150 Menschen, vor allem aus Berlin und Potsdam.“ Die meisten steuern den Hof ganz gezielt an, denn er ist einer der ersten im Land, auf dem Rinder ohne Stress auf der Weide geschlachtet werden dürfen. Ehefrau Doreen erläutert bei Rundgängen ihr Konzept: „Wenn genügend Bestellungen vorliegen, wird ein Tier geschlachtet. Das Fleisch wird vor Ort feinzerlegt, verpackt und verkauft.“ Das Angebot kommt an, schon am ersten Abend ist der Kühlraum fast leer. Beeindruckt zeigt sich Ralf Engelhard auch von der lebendigen Dorfgemeinschaft. Nachbarn brachten nach einem Aufruf 30 frisch gebackene Kuchen für das Fest.
Ganze Dörfer sind an dem Wochenende in Feierlaune. Für die 150 Einwohner von Groß Schauen im Kreis Märkisch Oderland ist die Landpartie der Höhepunkt des Jahres. Rund um den Dorfanger sind Besucher live dabei, als die Schafe geschoren werden und schauen zu, wie Honig geschleudert wird. Die Schlepperfreunde aus dem benachbarten Philadelphia sind mit 20 Oldtimern angerückt und laden zu Kremserfahrten ein. Auch in Groß Schönebeck in der Schorfheide feierte man gemeinsam bis spät in die Nacht auf dem Dorfplatz. Zwölf Höfe waren am Samstag für Besucher geöffnet. Bei Kremser-Rundfahrten über die Felder zeigte Rainer Dickmann, Chef der Schorfheider Agrar GmbH, nicht nur die Schönheiten der Natur, sondern weist auch auf neue Herausforderungen hin. Die lang anhaltende Trockenheit macht ihm wie vielen Brandenburger Landwirten zu schaffen.
Das Wetter war ein großes Thema, kaum verwunderlich angesichts tropischer Temperaturen. Für den Besuch auf der Kamelfarm in Nassenheide im Kreis Oberhavel mochten sie ideal sein. Andernorts legten Besucher schon mal einen Zwischenstopp in einer kühlen Dorfkirche ein. Viele Gastgeber improvisierten noch eilig, stellten Planschbecken oder Duschen auf, was besonders den jüngeren Besuchern gefiel. Auf dem Spargelhof in Klaistow drängten sich die Kinder auf dem Wasser-Spielplatz. Dennoch trotzten dort auch viele Besucher der Hitze, um beim Selberpflücken die Erdbeeren frisch vom Feld genießen zu können.
Die Hitze und einige Wärmegewitter im Süden wirkten sich auch auf die Bilanz aus. Der ausrichtende Verband pro agro rechnet für das Wochenende mit knapp 100.000 Besuchern, etwas weniger als im Vorjahr. Doch manche Gastgeber waren ganz froh, dass ein Massenansturm ausblieb. So blieb mehr Zeit für intensive Gespräche mit den Gästen über landwirtschaftliche Themen. Manche Diskussionen fanden ihre Fortsetzung in den sozialen Netzwerken, wo sich Nutzer über ihre Erlebnisse austauschten und Tipps gaben.
Die Veranstaltung wird unterstützt vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg (MLUL). Gemeinsam mit dem Landesbauernverband Brandenburg e.V. und dem Brandenburger Landfrauenverband e.V. organisiert der Verband pro agro e.V. die Großveranstaltung. Im kommenden Jahr feiert die Traditionsveranstaltung am 15. und 16. Juni 2019 ihr 25-jähriges Bestehen.
Weitere Informationen erhalten Sie unter:
www.brandenburger-landpartie.de
www.proagro.de