Ernährungswirtschaft Brandenburg sieht noch kein Ende der Durststrecke – Wachstumsimpulse für 2024 nicht in Sicht

Datum: 15. Januar 2024

Jährliches pro agro – Branchenbarometer erfasst die Stimmung von landwirtschaftlichen Direktvermarktern, Ernährungshandwerk und Lebensmittelherstellern aus der Hauptstadtregion

Schönwalde-Glien. Bereits zum dritten Mal veröffentlicht pro agro e.V. – das Branchenbarometer Ernährungswirtschaft Brandenburg kurz vor der Grünen Woche. Die Lebensmittelhersteller aus Brandenburg werden zur aktuellen wirtschaftlichen Lage, Zukunftsprognosen und wichtigen Herausforderungen befragt. 78 Prozent der Befragten, die auch Aussteller in der Brandenburg Halle sind, wollen mit ihrem Auftritt für steigende Bekanntheit regionaler Produkte sorgen, nur knapp die Hälfte erwartet auch positive Effekte für den eigenen Geschäftserfolg in 2024.

Das Wort Krise möchte eigentlich niemand mehr so richtig hören. Dennoch ist drei Jahre nach der ersten Befragung nur wenig Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Zu sehr haben Inflation und die Verunsicherung zur Wirtschaftsentwicklung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern das Kaufverhalten verändert. Zwar stehen regionale Lebensmittel und deren Hersteller aus Brandenburg bei Umfragen nach wie vor hoch im Kurs, im Einkaufskorb aber landen häufig wieder verstärkt eher die preisgünstigeren Handels- oder Discountmarken statt der regionalen Produkte. Für die Brandenburger Ernährungswirtschaft eine bedrohliche Entwicklung! Weniger Absatz bei steigenden Kosten ist für jedes Unternehmen auf Dauer existenzgefährdend. „Oft denkt der Bürger bei den Preissteigerungen womöglich, dass es den Herstellern doch blendend gehen müsse. Von den Preiserhöhungen in den letzten 15 Monaten kommt beim Lebensmittelhersteller oder auch beim Landwirt nur ein Bruchteil an.“   mahnt Kai Rückewold, Geschäftsführer des Verbandes pro agro vor voreiligen Rückschlüssen. Pro agro vertritt die Interessen von rund 400 Unternehmen und Verbänden der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie des Landtourismus´.

Zu den Fakten des Branchenbarometers 2023: Das vergangene Geschäftsjahr ist für 32 Prozent der Unternehmen schlechter und für weitere 23 Prozent sogar deutlich schlechter verlaufen als 2022. 23 Prozent beurteilen die ohnehin schwierige Marktlage als gleichbleibend. Das verändert sich auch nicht bei der Prognose für 2024.  Für 76 Prozent der Unternehmen ist keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Sicht. Knapp zwei Drittel von diesen erwarten sogar, dass es schlechter werden wird.

  

Da ist es kaum verwunderlich, dass rund 70 Prozent der Umfrageteilnehmer keine Neueinstellungen in diesem Jahr vornehmen wollen und Investitionen über 500.000 Euro nur bei wenigen Unternehmen auf der Agenda stehen. Wenn investiert werden kann, werden Ausgaben für Maschinen und Gebäude geplant. Bereits 2023 konnten ursprünglich geplante Investitionen  nur von 45 Prozent der Befragten komplett realisiert werden. Um eine nachhaltige Zukunftsperspektive zu sichern, sehen 81 Prozent eine Erlössteigerung zwischen mehr als 10 bis über 20 Prozent für ihre Produkte als notwendige Basis.

Welche Herausforderungen belasten die Erholung für die Branche besonders stark?

Vielleicht ein wenig überraschend stehen steigende Beschaffungskosten für Rohstoffe (62% der Antworten) und gestiegene Personalkosten (60%) auf den ersten Plätzen des Rankings, allerdings dicht gefolgt von den allgemein an erster Stelle erwarteten, gestiegenen Energiekosten (55%). Mit dem identischen Prozentwert wie Energiekosten, wird die Überbürokratisierung als größte Zukunftsproblematik gesehen. „Die Frustration über die Bürokratie nimmt immer stärker zu. Klein- und mittelständische Unternehmen haben oft den identischen bürokratischen Aufwand zu leisten wie Großkonzerne. Da ist ein Ungleichgewicht entstanden, dass für die Branche nicht mehr tragbar ist. Wachstumsorientierte Mittelstandspolitik, darf nicht Alles und Alle über einen Kamm scheren.“ fordert der Geschäftsführer von pro agro praxisorientiertere Regelungen bei Vorschriften, Verordnungen und Gesetzen. Die Angst vor noch mehr Bürokratisierung schlägt bei der Langfristprognose bis zum Jahre 2030 noch deutlicher durch: Mit 61 Prozent ist es mit Abstand der höchste Wert bei den Nennungen der größten Herausforderungen.

Hintergrundinfo zum pro agro Branchenbarometer:

Teilnehmer: Rund 650 Unternehmen wurden an der Online-Befragung beteiligt. 97 Unternehmen haben mitgemacht.

Umsätze: 46 Prozent der teilnehmenden Betriebe haben einen Jahresumsatz bis zu einer Million Euro. Bis 10 Millionen Umsatz setzten 31 Prozent der Umfrageteilnehmer um, weitere 12Prozent bis 25 Millionen Euro und darüber: Von allen teilnehmenden Betrieben liegen fünf Prozent bei einem Umsatz über 75 Millionen.

Beschäftigte in Vollzeit: Rund 40 Prozent der Unternehmen beschäftigen weniger als 5 Mitarbeiter, 13 Prozent haben über 100 Beschäftigte. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf Repräsentativität. 79 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro–Mitgliedern.

Der Verband pro agro e.V. engagiert sich seit über 30 Jahren für die Vernetzung und Vermarktung von Brandenburger Produkten und Dienstleistungen aus den Bereichen Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie Land- und Naturtourismus. Ein Team von aktuell 16 Mitarbeitern betreut zudem eine Vielzahl von Zukunftsprojekten zur Stärkung der Branche und des ländlichen Raums in Brandenburg/Berlin.