Alle für einen, einer für alle – jeder kann Landwirt werden

Wenn sich Bauern und Endverbraucher zusammentun, nennt sich das solidarische Landwirtschaft.
Ein gutes Dutzend dieser Projekte gibt es bereits in Brandenburg.

Eine Mutprobe muss man nicht bestehen, um in die „Ackerbande“ aufgenommen zu werden. Aber sonst sei es genau wie früher, als man mit den anderen Kindern aus der Straße um die Häuser,
durch Wald und Wiesen zog, finden die Feld-Aktivisten aus Frankfurt (Oder). Nur dass man sich heute keine Süßigkeiten teilt, sondern die Ernte, die der gemeinsame Bauernhof im Jahr erwirtschaˆet.

2013 gegründet, gehört die Ackerbande zu den Pionieren der solidarischen Landwirtschaftˆ, kurz: Solawi. Ihre Mitglieder wohnen in Frankfurt (Oder), der Hof befindet sich in Friedrichsaue im Oderbruch, etwa 30• Kilometer entfernt. Rund ein Dutzend Höfe in Brandenburg wirtschaˆen inzwischen auf diese Art und Weise zusammen mit einer Gruppe engagierter Städter. Denn die „Solawisten“ kommen, neben Frankfurt (Oder) und Potsdam, vor allem aus Berlin.

Verlässliche Abnehmer

Ähnlich wie bei den Gemüse-Abokisten erhalten sie ökologisch erzeugte Lebensmittel direkt vom Bauern aus der Region. Allerdings mit mehr Verbindlichkeit: Jeweils ›ür ein Jahr sichert man dem Bauern den Kauf seiner Ernte zu einem fest vereinbarten Preis zu. Mögliche Aus›älle werden solidarisch von der Gemeinschaˆ getragen, üppigere Erträge werden ebenfalls an alle verteilt. Für die Höfe bedeutet das Planungssicherheit und eine gewisse Unabhängigkeit vom Marktdruck. Oder wie es Frank Wesemann, seit 20 Jahren Bauer in der Prignitz, formuliert: „Ich halte die solidarische
Landwirtschaftˆ f›ür das zukunˆftsf›ähige Modell zur Überlebenssicherung klein strukturierter bäuerlicher Betriebe.“ Er selbst hat 2011 mit 15 Solawisten begonnen, inzwischen sind es 90.

Gemeinsame Feldarbeit

Die Entwürfe sind ebenso viel›ältig wie die teilnehmenden Höfe und ihre Mitglieder. Vieles wird im Plenum diskutiert und entschieden. Die Solawisten der Ackerbande zahlen beispielsweise 50 bis 90 Euro im Monat, dazu kommen verpflichtende Arbeitstage auf dem Acker. Auf Wesemanns Hof leisten die Mitglieder ihren Beitrag je nach Einkommen und Selbsteinschätzung, durchschnittlich sind es 90 Euro. Wer wie oftˆ mitarbeitet, wird nicht kontrolliert.

Die Arbeitseinsätze der Städter sind ›für die Bauern auch eine logistische Herausforderung. Gerade am Wochenende, wenn große Gruppen kommen, die nicht einfach in den normalen Ablauf integriert werden können. „Aber ›ür uns hier im dünn besiedelten Raum ist es schön, zusammen auf dem Acker zu sitzen und sich über spannende Weltthemen und Persönliches zu unterhalten“, sagt Bauer Wesemann. „Ich denke und hoffe, dass die solidarische Landwirtschaftˆ eine Bereicherung ›für beide Seiten ist.“